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Oncophora-Schichten

Benannt nach der Rzehakia, einer Brackwassermuschel, welche früher als Oncophora bezeichnet wurde, werden in Niederösterreich traditionell die oft unverfestigten Sande, Silte und Tonsteine, welche man südlich der Donau, etwa beiderseits der Traisen und Perschling zwischen St. Pölten und Tulln finden kann, als „Oncophora-Schichten“ bezeichnet. Gleichnamige Ablagerungen gibt es auch in Niederbayern und Oberösterreich, jedoch mit einigen Unterschieden. Holger Gebhardt et al. (2013) veröffentlichten einen Bericht über die Neudefinition von lithostratigraphischen Einheiten des oberen Ottnangiums, zu welchem auch die niederösterreichischen Oncophora-Schichten gehören, im Jahrbuch der geologischen Bundesanstalt. In diesem Bericht wurden eben diese Schichten in Niederösterreich von jenen in Niederbayern sowie Oberösterreich abgetrennt und formell als moderne lithostratigraphische Einheit oder Formation definiert. Die Traisen-Formation wurde mit der Dietersdorf-Formation zur Pixendorf-Gruppe zusammengefasst. St. Pölten ist der Traisen-Formation zuzuordnen, diese wurde nach dem Fluss Traisen, welcher durch weite Gebiete mit Ablagerungen fließt, benannt.

Namensgebend für die Pixendorf-Gruppe ist die südlich von Tulln gelegene Ortschaft Pixendorf, in welcher sowohl die Traisen-Formation als auch die Dietersdorf-Formation in zahlreichen kleinen Aufschlüssen zugänglich ist. Die Dietersdorf-Formation stellt dabei ein System aus ursprünglich zusammenhängenden „fan-delta“-Ablagerungen dar, welche in die Sande der Traisen-Formation eingebettet sind. Beide stellen somit zeitgleiche, laterale Äquivalente eines größeren Ablagerungssystems dar. Im Gelände sind beide Formationen gut kartier- und unterscheidbar. Die Traisen-Formation wird als zugehörige, distale Sand-Schluff- und Tonfazies, so genannte „bypass“-Sedimente, der Dietersdorf-Formation aufgefasst. Die Sedimente der Pixendorf-Gruppe und insbesondere der Traisen-Formation, füllen ein Paläorelief auf. Je nach Standort erreichen sie daher sehr unterschiedliche Mächtigkeiten. Geochronologisch gehört die Pixendorf-Gruppe in das frühe Miozän, späte Burdigalium bzw. obere Ottnangium. Letzteres beschreibt den jüngeren Zeitraum des gesamten Ottnangiums, welches von Gradstein et al. (2012) für den Zeitraum von 17,3 bis 18,2 Millionen Jahre definiert wurde.

Die Schichten der Traisen-Formation sind weitgehend kalkfreie, gelblich-graue, glimmerreiche Mittel- und Feinsande sowie Sandsteine mit siltigtonigen Zwischenlagen und gelegentlichen Kies- bzw. Konglomeratlagen und Ligniteinschaltungen. Die lockere Lagerung bzw. schwache Verfestigung, insbesondere der Fein- und Mittelsande sowie der wenigen grobklastischen Schichten, ist charakteristisch für diese Ablagerungen. Fein- und Mittelsande treten oft ungeschichtet auf. Im verwitterten Zustand sind sie daher teils nur sehr schwer vom darüber gelagerten Löss zu unterscheiden. Linsen- bis kugelförmige Konkretionen mit bis zu mehreren Metern Durchmesser, können an vielen Stellen gefunden werden. Ursprünglich war das Gestein gräulich, nimmt jedoch durch Verwitterung eine beige, gelbe oder auch rotbraune Farbe an. An der Oberfläche überwiegt eine sand- bzw. sandsteindominierte Fazies, während eine weitere, jedoch von Ton und Siltstein dominierte, Fazies unterschieden werden kann, welche deutlich weniger häufig an der Oberfläche vorkommt bzw. aufgeschlossen wird. Für den Ablagerungsraum der Traisen-Formation wird ein brackisches (oligohalines) bis ausgesüßtes Milieu angenommen. Dies wird durch die Molluskenfunde bestätigt. Die Mächtigkeiten der Traisen-Formation schwanken je nach Position zwischen wenigen zehn bis zu mehreren hundert Metern. Nördlich von St. Pölten befinden sich vom Fluss Traisen geschaffene Steilhänge, welche sich gut zur Anlage von Sandgruben eignen und sich daher durch gute Aufschlussverhältnisse auszeichnen.

Im Gegensatz zu den gleichnamigen Ablagerungen in Bayern und Oberösterreich, sind die Schichten in Niederösterreich bis auf wenige Ausnahmen entkalkt und frei von kalkigen, Mikro- und Nanofossilien. Wenn, kann man Mollusken- oder Fischreste und vor allem auch Pflanzenhäcksel finden. Fossilführung beschränkt sich weitgehend auf Grobsande bis Kiese und konglomeratische Lagen. Die vereinzelten Funde von äquivalenten Molluskenassoziationen begründen jedoch eine Parallelisierung mit den bayerischen sowie oberösterreichischen Sedimenten und eine Einstufung in das obere Ottnangium. Dessen lithologischen Abfolgen sind in Oberösterreich vielfältiger gegliedert und können im Vergleich zu Niederösterreich, in deutlich unterscheidbare Ablagerungsräume zugeordnet werden. Zwischen dem westlichen Oberösterreich und dem Raum St. Pölten sind außerdem keine oberottnangischen Sedimente bekannt. Es gibt keinen zusammenhängenden Schichtverband. Deutliche Differenzen der Mollusken-Assoziation bestätigen diese Trennung. Trotz Mächtigkeiten von stellenweise mehreren hundert Metern können, im Gegensatz zu den oberösterreichisch-bayrischen Ablagerungen, in Niederösterreich nur zwei lithologisch und genetisch differenzierbare Einheiten, die eng miteinander verzahnt sind, unterschieden werden. Eine formelle Abtrennung zwischen den niederösterreichischen Ablagerungen von den Oncophora-Schichten in Oberösterreich bzw. Bayern ist somit berechtigt und notwendig.

Quelle: Holger Gebhardt et al. (2013)

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