Am 15. September jährt sich jener Tag, an dem 2024 in der niederösterreichischen Landeshauptstadt aufgrund der extremen Regenfälle die Katastrophe ausgerufen wurde. Darauf folgten Brüche am Traisendamm, überlaufende Bäche und rasant steigende Grundwasserspiegel. Viele Ortsteile standen unter Wasser – auch Evakuierungen waren notwendig. Über Tage und Wochen waren Einsatzkräfte, Freiwillige und Mitarbeiter:innen in allen Bereichen der Stadt unermüdlich im Einsatz. Was bis heute zurückbleibt, sind nicht nur die Auswirkungen der enormen Schäden, sondern auch Ängste, dass sich ein solches Ereignis angesichts des Klimawandels früher als erwartet wiederholen könnte.
Enorme Schäden für Bevölkerung und Stadt
Rund 2.500 Schadensfälle an Privatgebäuden, Firmen und Land- sowie Forstwirtschaften wurden im Stadtgebiet aufgenommen. Die Gesamtsumme dieser beträgt rund 64,3 Millionen Euro. Seitens der Stadtverwaltung musste ein Sonderbudget aufgestellt werden, um die Folgen des Hochwassers stemmen zu können – die Höhe der Mehrkosten für Reparaturen, Personal, Abfall, Kanalisation, Feuerwehr etc. ist immer noch schwer zu beziffern. „Diese Summen stellen natürlich für die Bevölkerung und die Stadtverwaltung bis heute eine große Belastung dar, die uns angesichts der bundesweit angespannten finanziellen Situation besonders hart trifft“, erklärt Bürgermeister Matthias Stadler, der bereits mehrmals die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel gefordert hat.
Hochwasserschutz überlastet
„Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten viel in den Hochwasserschutz investiert. Diese Maßnahmen haben im September 2024 Wirkung gezeigt und vielerorts Schlimmeres verhindern können. Wie uns die Hochwasserkatastrophe im Vorjahr aber wieder gelehrt hat, kann es bei solchen Naturgewalten keinen 100-prozentigen Schutz geben“, weiß Stadler von Expert:innen. Gemäß dem Stand der Technik und den Förderungsrichtlinien sind die Schutzmaßnahmen auf 100-jährliche Ereignisse ausgelegt. Gegen die enormen Wassermengen im September 2024 haben viele Hochwasser-Schutzmaßnahmen in ganz Niederösterreich deshalb naturgemäß nicht ausgereicht. Immer höhere Dämme und Schutzanlagen zu bauen, etwa für 300- oder 1000-jährliche Ereignisse, sei laut Baudirektor Wolfgang Lengauer aber nicht die Lösung: „Abgesehen von der mangelnden praktischen Umsetzbarkeit und der enormen Finanzierungshürden würde man damit der Bevölkerung suggerieren, sie sei hinter diesen Einrichtungen sicher – es muss aber auch in Bereichen mit bestehendem Schutz mit Überflutungen gerechnet werden, zum Beispiel im Überlastfall, wenn noch größere Hochwasser auftreten, oder im Versagensfall, wenn etwa ein Damm bricht.“
Taskforce arbeitet an 20 Projekten
Seitens der Stadtverwaltung wurde unmittelbar nach dem Ereignis eine Taskforce ins Leben gerufen, die alle Einzelmaßnahmen zum baulichen Hochwasserschutz zusammenfasst und konsequent sowie nachvollziehbar dokumentiert. Mit Unterstützung der Firma „Donau Consult“ und in enger Zusammenarbeit mit dem Land und dem Traisen-Wasserverband wird nach wie vor daran gearbeitet, die Schäden zu analysieren und Erkenntnisse aus diesem Ereignis zu ziehen. Darauf aufbauend können konkrete Maßnahmen abgeleitet und geprüft werden. Zum Beispiel auch, ob und ggf. wo es zusätzliche Barrieren und Becken zum Schutz der Bevölkerung und kritischer Infrastruktur braucht.
Insgesamt wird an 20 Taskforce-Projekten gearbeitet, deren Umsetzung von vielen Faktoren abhängt. Einige dieser Hochwasserschutzprojekte sind bereits seit Jahren konzipiert bzw. geplant. An der Umsetzung scheitern können diese Projekte nicht selten an fehlenden Einwilligungen von Grundeigentümer:innen.
Hochwasserschutzmaßnahmen in Planung und Umsetzung
Bereits gearbeitet wird an der Umsetzung einer Dammerhöhung auf dem Gemeindegebiet von Wilhelmsburg beim Graben Siedlung Reith. Auch beim Friedhof in Pottenbrunn wurde bereits ein Asphaltwulst errichtet, um das Wasser besser in das bestehende Grabensystem abzuleiten.
Projekte in der intensiven Planungsphase und Projektvorbereitung für die Jahre 2026/2027 sind etwa die Errichtung bzw. Erweiterung von Regenrückhaltebecken beim Teufelhof, Nadelbach, Bahnhof Pottenbrunn, am Kremserberg und beim Harlander Bach. Auch die Instandsetzung der Traisen-Sekundärdämme in Spratzern und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Hangrutschung bei Wasserburg zählen hier dazu.
Einige weitere Hochwasserschutzprojekte befinden sich aktuell in der Abstimmungs- und Projektierungsphase: Dazu zählen Regenrückhaltebecken am Saubach, am Eisberg, in Zwerndorf und an der Uhlandstraße, Traisen-Hochwasserschutz in Pottenbrunn und Ochsenburg, Strukturmaßnahmen in der Fridauerstraße und am Hungerfeldweg, ein Entwässerungsgraben beim Friedhof in Pottenbrunn und an der Fabrikstraße sowie Schutzmaßnahmen beim Güttelhof und in Unterradlberg.
Was, wenn es nächste Woche wieder so viel regnen würde?
„Wir sind in enger Abstimmung mit den Blaulichtorganisationen und dem Katastrophenschutz des Landes NÖ. Die Alarmpläne liegen auf, der Krisenstab der Stadt ist jederzeit einsatzbereit. Gleichzeitig wurden die Lehren der Katastrophe im vergangenen Jahr in die Alarm- und Katastrophenschutzpläne eingearbeitet, um in Zukunft bestmöglich auf solche Ereignisse vorbereitet zu sein. Die Hochwasserschutzeinrichtungen wurden unmittelbar nach der Katastrophe geprüft, gewartet und repariert – und wir investieren weiter in den Ausbau und die Optimierung dieser“, erklärt Stadler. Abschließend hält er fest: „Auch wenn es für Katastrophen in diesem Ausmaß keine 100-prozentigen Sicherheiten gibt, kann ich der Bevölkerung versichern, dass wir gemeinsam auch weiterhin alles daran setzen werden, die Menschen der Stadt und ihr Hab und Gut bestmöglich zu schützen, Rahmenbedingungen zu verbessern und die Auswirkungen zu minimieren. Nicht zuletzt bleibt auch die Hoffnung, dass das nächste Hochwasserereignis in diesem Ausmaß der Statistik entsprechend noch mehrere hundert Jahre auf sich warten lässt.“
Individueller Schutz
Besonders auch einfache Eigenmaßnahmen können helfen, Menschen, Gebäude und Eigentum besser zu schützen. Vieles lässt sich mit überschaubarem Aufwand umsetzen und bietet im Ernstfall einen guten Schutz. Informationen und Empfehlungen zum Thema Eigenvorsorge gibt es auf der Homepage www.wasseraktiv.at/ich-schuetze-mich.