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Tanzrat will St. Pölten zur Tanz-Hauptstadt machen

Michael Kropf leitet seit 2024 den Österreichischen Tanzrat, der nun in St. Pölten beheimatet ist. In seiner Funktion hat der ehemalige Profitänzer viel vor. (Foto: Lukas Kalteis)
Michael Kropf leitet seit 2024 den Österreichischen Tanzrat, der nun in St. Pölten beheimatet ist. In seiner Funktion hat der ehemalige Profitänzer viel vor. (Foto: Lukas Kalteis)

Michael Kropf übernahm Anfang 2024 den Österreichischen Tanzrat (ÖTR) als neuer Präsident. Im selben Jahr übersiedelt der seit 1989 bestehende Verein von Wien nach St. Pölten. Im Interview erzählt der Tanzprofi über die Aufgaben des Tanzrates, seine Ziele und was St. Pölten besonders attraktiv macht.

Was ist überhaupt der Tanzrat und welche Aufgaben hat dieser?

Michael Kropf: Der Tanzrat ist dafür da, um im Tanz Ordnung zu machen. Es geht darum, dass wir in Österreich eine Einheit schaffen und dem Tanz die Bedeutung zusprechen wollen, die er verdient. Meiner Meinung nach bekommt der Tanz hierzulande leider nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie andere Kunstarten. Daher sind wir auch eine Art Interessensvertretung. Als Präsident des Tanzrates möchte ich auf jeden Fall niemandem etwas wegnehmen, ich möchte höchstens jemandem etwas dazugeben. Ich möchte zwischen dem Ballett und dem Tanztheater ein Gleichgewicht herstellen. Jede Richtung von Tanz ist mir wichtig, doch es gibt landesweit nur sehr wenige Ballettvorstellungen. Dadurch sehen viele diese Kunstform nicht und in Folge kann man kaum Nachwuchs dafür begeistern. Tanz und vor allem das Ballett ist mit einem unheimlichen Trainingsaufwand verbunden, das glauben viele gar nicht. Auch, dass man als professioneller Tänzer von seiner Profession leben kann. Es gibt sehr viele falsche Vorstellungen in den Köpfen der Leute und genau das versuchen wir zu ändern. Wir bieten einen Fortbildungskurs für Tanzlehrende an sowie auch ein Coaching für Tänzer, die aufhören und sich beruflich verändern wollen. Außerdem bieten wir ein Tanzfestival für private Tanzschulen an, bei dem junge Talente in St. Pölten eine Bühne finden, auf der sie vor einem großen Publikum ihr Können unter Beweis stellen können. Der Tanz ist enorm facettenreich und das wollen wir den Menschen näherbringen.

Herr Kropf, erzählen Sie uns bitte kurz, wie Ihr persönlicher Weg zum Tanz und schließlich zum Präsidenten des Österreichischen Tanzrats geführt hat.

Michael Kropf: Meine Atemwege als Kind waren schwach, daher hat der Arzt meiner Mutter gesagt, dass ich Bewegung machen muss. Es hat zwar nichts geholfen, aber so bin ich an die Wiener Staatsopern Ballettschule gekommen. Zuerst hat es mir gar keinen Spaß gemacht. Doch als ich dann mit zehn Jahren zum ersten Mal gemeinsam mit so vielen Tänzern vor einem großen Publikum auf der Bühne der Staatsoper gestanden bin, war ich einfach begeistert und habe mich sehr angestrengt, dass aus mir ein Tänzer wird. Nach der Absolvierung der Wiener Staatsballettschule bin ich zur weiteren Ausbildung später nach Ungarn und von dort aus als professioneller Tänzer in vielen verschiedenen Ländern wie, Deutschland, Kanada, Österreich und Ungarn.

Nach einem Unfall, bei dem ich mir die Achilles-Sehne verletzt habe, riet mir mein Arzt aufzuhören. Ich wurde dann erster Ballettmeister in einem Musicaltheater und kam von dort dann zum Fernsehen, wo ich rund 120 Shows choreographiert habe. 2023 habe ich den Karl-Musil-Preis, einen wichtigsten österreichischen Tanzpreise, bekommen und kurz darauf bin ich gefragt worden, ob ich den Österreichischen Tanzrat übernehmen möchte. Nach längerer Skepsis habe ich dann schlussendlich zugesagt und der Vorstand hat mich einstimmig gewählt, nachdem ich den Kollegen vier Stunden lang meine Pläne geschildert habe. Das war für mich das Zeichen, das ich meine Ideen und Visionen für den Tanz in Österreich so umsetzen soll. Ich habe bisher etwa 110 Stücke choreographiert, durch die Tätigkeit im Tanzrat komme ich nun fast nicht mehr dazu, aber die Arbeit mit meinem Team macht mir großen Spaß und wir können viel bewegen.

Warum wurde St. Pölten als Sitz des Österreichischen Tanzrats gewählt? Was macht die Stadt für den Tanz besonders attraktiv?

Michael Kropf: Der Tanzrat wurde 1989 in Wien gegründet und befand sich auch dort, bis ich den Verein übernommen habe. Somit ist der Tanzrat erst seit 2024 in St. Pölten beheimatet. Das hat mehrere Gründe. Zum einen habe ich schon seit langen Jahren eine enge Freundschaft und Zusammenarbeit mit Professor Michael Fichtenbaum und dem Europaballett. Zum anderen schätzen die Leute in der Stadt das Ballett sehr, denn die Vorstellungen sind immer voll. Ich bin der festen Überzeugung, dass man St. Pölten als Zentrum des Tanzes in Österreich aufbauen kann. Was das Europaballett und Michael Fichtenbaum, der übrigens Vize-Präsident des Tanzrates ist, hier schon geschaffen haben, ist weltweit einzigartig. Das habe ich so nirgends sonst gesehen, dass so etwas aus einer privaten Ballettschule erwachsen kann. Man muss aber auch der Stadt St. Pölten danken, die das großzügig unterstützt und somit erst ermöglicht. In St. Pölten gibt es auch einen starken Zusammenhalt innerhalb des Tanzes, da spürt man, dass alle an einem Strang ziehen.

Welche Vision haben Sie für die Entwicklung St. Pöltens als Tanzstadt in den kommenden Jahren?

Michael Kropf: Wie gesagt, bin ich der festen Überzeugung, dass St. Pölten die Tanz-Hauptstadt des Landes werden kann. Man muss es aber langsam aufbauen. Wir haben das Tanzfestival für Amateurschulen ins Leben gerufen, das heuer zum zweiten Mal hier im Theater des Balletts stattfindet. Dann gibt es noch einen Tanz-Workshop im Sommer und eine Abschlussgala der Teilnehmenden. Dazu kommt der weltbekannteste Tänzer Vladimir Malakhov zu uns, um talentierte Tanzbegeisterte aus mehreren Nationen zu unterrichten. Später wollen wir als Tanzrat auch noch andere Veranstaltungen ins Leben rufen, die den Tanz mehr in den Fokus der Menschen rücken sollen. Auch an der Entwicklung eines neuen Seniorentanzes sind wir aktuell dran.
Wir sind am Anfang, aber wir sind auf einem guten Weg. Ich bin überzeugt, dass wir es früher oder später schaffen, dass St. Pölten die Tanz-Hauptstadt Österreichs wird.

Was schätzen Sie an St. Pölten besonders, was sind Ihre Lieblingsorte in der Stadt – sowohl beruflich als auch privat?

Michael Kropf: Abgesehen vom Europaballett? Naja, mein Lieblingsort ist das Festspielhaus, denn das ist wirklich schön und perfekt ausgerüstet. Schade ist nur, dass es für das Europaballett nicht zugänglich ist. Sonst gefällt mir die Innenstadt besonders und auch die Herzlichkeit der Menschen. Wir haben Unterstützer quer durch alle Gesellschaftsschichten und Parteien. Das zeigt, dass der Tanz Brücken bauen kann. Wir wollen Menschen zusammenführen, das ist uns besonders wichtig.

Was möchten Sie Interessierten sowie jungen Tänzerinnen und Tänzern mit auf den Weg geben?

Michael Kropf: Die heutige Welt verlangt von den Jugendlichen, dass sie vor dem Computer sitzen. Da ist Bewegung der richtige Ausgleich. Es ist nicht jedermanns Sache, dass man zum Fußball, Tennis oder Karate geht. Für solche Menschen ist der Tanz eine sehr vielfältige Bewegungsart, denn der verlangt Flexibilität, Kraft, Ausdauer, Balance und Sprungkraft. Ich kann nur jedem empfehlen, sich den Tanz und das Ballett einmal anzuschauen, es auszuprobieren und dann zu entscheiden, ob das etwas für einen ist. Jeder soll das finden, das am besten zu ihm oder zu ihr passt. Wenn aber die Leute nie mit dem Tanz in Berührung kommen, dann wissen sie auch nicht, was sie damit anfangen sollen. Daher ist es unsere Aufgabe, die Facetten des Tanzes aufzuzeigen und den Menschen näherzubringen.

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