Am 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Mädchen und Frauen. An den 16 darauffolgenden Tagen – bis zum internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember machen Städte und Institutionen auf die unterschiedlichsten Facetten von Gewalt gegen Frauen verursacht durch Männer aufmerksam und erinnern daran, dass jeder Mensch das Recht hat, ohne Gewalt leben zu dürfen. Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen. Weltweit wird alle 10 Minuten eine Frau vorsätzlich von einem Partner oder Familienmitglied getötet. Gewalt hat viele Gesichter – sichtbar und unsichtbar, laut und leise.
Während des gesamten Aktionszeitraumes weht die Themenfahne „frei leben ohne gewalt“ vor dem Rathaus. Heuer wurden in Österreich 14 Frauen ermordet, 32 Frauen wurden lebensgefährlich verletzt bzw. haben Mordversuche nur knapp überlebt (Statistik Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, Stand: 22. November 2025). Dies ist der sichtbarste und tödlichste Aspekt meist häuslicher Gewalt. Das Recht auf seelische und körperliche Unversehrtheit ist ein elementares, unantastbares Menschenrecht. Es ist wichtig, Gewalt an Frauen zu erkennen, zu benennen und dagegen zu handeln.
Informationskampagnen
Zu einer verstärkten gesellschaftlichen Sensibilisierung bezüglich des Themas tragen Informationskampagnen wie die Aktion „16 Tage gegen Gewalt“ maßgeblich bei. Seit Jahren beteiligt sich die Frauenplattform St. Pölten (eine Initiative des Büros für Diversität) mit zahlreichen Veranstaltungen an dieser internationalen Kampagne und weist damit öffentlich auf die Problematik der häuslichen Gewalt hin und zeigt mögliche Wege aus dem Gewaltkreislauf auf. Beratung, Betreuung, Soforthilfe – St. Pölten verfügt über ein dichtes Gewaltschutznetzwerk. Die Mitglieder der Frauenplattform sind Kämpferinnen für die Rechte der Frauen, für deren selbstbestimmtes und selbstbewusstes Leben ohne Gewalt und Leid und damit unverzichtbar für St. Pölten. Denn: Gewalt hat in unserer Stadt keinen Platz.
Zahlen vom 1. Jänner vom 31. Oktober 2025
- 3.385 Anzahl der Personen, die vom niederösterreichischen Gewaltschutzzentrum betreut wurden
- 45 Frauen, 38 Kinder – Gesamtzahl der Frauen & Kinder, die im St. Pöltner Frauenhaus Zuflucht suchten
- 8.994 Gesamtnächtigungen im Frauenhaus St. Pölten
Zahlen von 2024
- 189 Anzahl der Betretungsverbote, die in der Stadt St. Pölten von der Polizei ausgesprochen wurden
- 2.829 Anzahl der Betretungsverbote, die niederösterreichweit von der Polizei ausgesprochen wurden
- 4.071 Anzahl der Personen, die vom niederösterreichischen Gewaltschutzzentrum betreut wurden
- 63 Frauen, 73 Kinder – Gesamtzahl der Frauen & Kinder, die im St. Pöltner Frauenhaus Zuflucht suchten
- 11.762 Gesamtnächtigungen im Frauenhaus St. Pölten
Aktivitäten im Aktionszeitraum
- Der Soroptimist Club Allegria St. Pölten beteiligt sich auch 2025 an der internationalen UN-Kampagne „Orange the World“: Neben orange beleuchteten Gebäuden sollen weitere orange Bänke in St. Pölten und Umgebung ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen setzen.
- Donnerstag, 20. November, 19 bis 21 Uhr:
„Philosphisches Café: Was für Mittel haben wir gegen Gewalt – aber ohne Gewalt?“ im Kulturzentrum Löwinnenhof*. Das Publikum ist herzlich eingeladen mitzuphilosophieren. Eintritt frei. - Dienstag, 25. November, 13 Uhr:
Gemeinsames Hissen der Fahnen für ein gewaltfreies Leben von Mädchen und Frauen. Treffpunkt vor dem Rathaus. - Dienstag, 25. November, 14 bis 19 Uhr:
Haus der Frau – Flohmarkt im Saal der Begegnung, Gewerkschaftsplatz 2: gemeinsam setzen wir ein Zeichen gegen Gewalt – der Erlös stärkt Frauen und Kinder auf ihren Weg in ein sicheres Leben. - Mittwoch, 10. Dezember, 14 bis 19 Uhr:
Kulturzentrum Löwinnenhof* – Ausstellung im STARTraum / Hof 1, Linzer Straße 16: Künstlerische Auseinandersetzung mit Schwerpunkt auf „Solidarität mit von Gewalt betroffenen Frauen*“, „HIV/Aids Geschichte und Gegenwart“ und „Internationale Menschenrechte“. - Filmreihe „Orange the World“ veranstaltet von St. PRIDE in Kooperation mit dem Kulturzentrum Löwinnenhof*:
- Samstag, 29. November, 18.30 Uhr – FEMIZID
- Montag, 1. Dezember, 18 Uhr – Tod und Vorurteil, Diskussion & Reflexion nach dem Film mit Aktivist:innen und Regisseur:in Juliana Metyko (mit Kundgebung zum Weltaidstag)
- Samstag, 6. Dezember, 18.30 Uhr – PRIDE
Folgende Mitglieder der Frauenplattform St. Pölten (eine Initiative des Büros für Diversität der Stadt St. Pölten) und Vertreter:innen von Beratungsstellen für Gewaltprävention machen durch ihre Statements zum „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ aufmerksam:
Mag.a FH Olinda Albertoni, Leiterin Haus der Frau – Frauenhaus St. Pölten
2025 wurde Gewalt an Frauen in vielen Formen sichtbar und öffentlich thematisiert. Frauen sind nicht mehr bereit zu schweigen, Bedrohungen und Misshandlungen hinzunehmen. Anlass zur Sorge gibt die steigende Zahl an Personen mit registrierten Waffen in Niederösterreich (Stand Juni 2025 knapp 100.000, veröffentlicht in ORF-News). Niederösterreich führt die landesweite Statistik an, in Wien und Oberösterreich gemeinsam sind es nur geringfügig mehr, rund 105.000 Personen.
Die Angst vor Gewalt wird in der hohen Zahl an Anfragen im Haus der Frau St. Pölten sichtbar. Neben den Aufnahmen steigt die Zahl der Beratungsgespräche.
Immer öfter darf das Haus der Frau St. Pölten ältere Frauen unterstützen, die nach vielen Jahren der Erduldung physischer und psychischer Gewalt, den Mut haben, den Gewalttäter zu verlassen.
Mag.a Susanne Schalko, Fachliche Leitung Gewaltschutzzentrum NÖ – St. Pölten, Anerkannte Opferschutzeinrichtung im Auftrag des BMI, BKA und BMJ
Die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ sind ein wichtiges Zeichen der Solidarität und ein Aufruf an die gesamte Gesellschaft, hinzusehen, zuzuhören und Verantwortung zu übernehmen. Während Frauen aus gewaltbelasteten Beziehungen vielfältige Hürden kennen, die ihre Hilfesuche erschweren, werden sie häufig mit Unverständnis und der Frage konfrontiert, warum sie in der Gewaltbeziehung verbleiben. Die Frage, warum noch immer so viele Männer Gewalt gegen ihre Beziehungspartnerinnen ausüben, wird selten gestellt – ebenso die Frage, was das Gemeinwesen, also wir alle, dagegen tun kann. Tendenzen, männliches Gewalthandeln zu entschuldigen, sind nach wie vor verbreitet.
Als Gewaltschutzzentrum Niederösterreich stehen wir Betroffenen zur Seite – vertraulich, kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Wir bieten rechtliche und psychosoziale Unterstützung an, um Wege aus der Gewalt aufzuzeigen und zu finden. Seit Inkrafttreten der Gewaltschutzgesetze wird häusliche Gewalt nicht länger als „privates Schicksal“ gesehen, sondern als Unrecht, das vom Staat geahndet wird. Opferrechte in Strafverfahren und gesetzliche Maßnahmen gegen Stalking („beharrliche Verfolgung“) und sexualisierte Gewalt stärken die Rechte von Frauen.
Wir appellieren an die Gesellschaft, Behörden und jeden Einzelnen, Gewaltprävention ernst zu nehmen und Betroffene zu stärken, sich Unterstützung zu holen und ein Zeichen gegen jede Form von Gewalt gegen Frauen zu setzen. Es braucht nicht nur eine enge Zusammenarbeit zwischen der Exekutive, der Justiz, den Beratungsstellen für Gefährder:innen und Opferschutzeinrichtungen, sondern jeder und jede von uns kann dazu beitragen, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern.
Frauen haben ein Recht auf ein Leben frei von Gewalt.
Natascha Hauser, Bezirksinspektorin
Im Rahmen der Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ möchte ich betonen, wie wichtig konsequente und zugleich sensible Polizeiarbeit im Bereich Frauenschutz ist. Jede betroffene Frau hat Anspruch auf Schutz, Unterstützung und eine ernsthafte Behandlung ihres Anliegens. Gewalt gegen Frauen ist kein privates Problem, sondern ein Angriff auf die Menschenwürde.
Als Polizei ist es unsere Aufgabe, rasch einzuschreiten, Gefährdungen einzuschätzen und Betroffene zu schützen – mit Entschlossenheit, Respekt und Menschlichkeit. Wir nehmen jeden Hinweis auf Gewalt sehr ernst und handeln konsequent, um Sicherheit zu gewährleisten.
Ich weiß, wie viel Mut es erfordert, Hilfe zu suchen und sich an die Polizei zu wenden. Umso wichtiger ist die enge Zusammenarbeit mit Gewaltschutzeinrichtungen und Organisationen, die Frauen in schwierigen Situationen begleiten und ihnen den Weg zu uns erleichtern. Diese Zusammenarbeit schafft Vertrauen und stärkt den Schutz, den wir bieten können.
Allen betroffenen Frauen möchte ich versichern: Wir als Polizei hören zu, wir handeln und wir sind für sie da – rund um die Uhr.
Gewalt darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Ein „Nein“ zu Gewalt bedeutet ein „Ja“ zu Respekt, Gleichberechtigung und einem Leben in Sicherheit. Dafür setzen wir uns als Polizei täglich ein.
Barbara Seyrl, Projektleiterin Frauenprojekt fairwurzelt und Mag.a Dr.in Bernadette Hausknost,
Leitung Personalentwicklung & Psychosoziales
Finanzielle Abhängigkeit fördert Gewalt!
Das Frauenbeschäftigungsprojekt fairwurzelt setzt sich für die Gleichstellung von Frauen ein. Dies bedeutet neben gleichen Chancen ein Recht auf ein gewaltfreies, selbstbestimmtes Leben. Finanzielle Abhängigkeit erschwert es Frauen sich aus gewaltvollen Beziehungen zu befreien. Wir begleiten Frauen beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt, wir fördern die Selbstständigkeit von Frauen und unterstützen dabei finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen - für ein Leben ohne Gewalt!
Susanna Fink-Winter, Präsidentin, SI Club St. Pölten Allegria
Unser Club der Soroptimistinnen in St. Pölten unterstützt auch heuer wieder „Orange the World“, die weltweite Kampagne gegen Gewalt an Frauen. Wir Soroptimistinnen unterstützen Frauen in unterschiedlichsten Notlagen. Mit unserem Projekt „Frauen-RESTART-Pakete“ geben wir jenen Frauen eine Starthilfe, die aus dem Frauenhaus heraus in ein neues und selbstbestimmtes Leben treten. Der SI Club St. Pölten Allegria tritt seit Jahren konsequent im Rahmen von Projekten und anderen Aktivitäten gegen Gewalt an Frauen ein. Wir dürfen bei Gewaltanwendungen an Frauen und Mädchen nicht wegschauen, wir müssen handeln - Gewalt darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Als sichtbares Zeichen platziert unser Club an öffentlichen Plätzen in der Landeshauptstadt sowie im Bezirk St. Pölten orange Bänke mit der Aufschrift „Kein Platz für Gewalt". Mit Unterstützung der politischen Vertreter:innen in den Umlandgemeinden von St. Pölten und mit Unterstützung des St. Pöltner Bürgermeisters stehen zwischenzeitlich mehr als 20 solcher Bänke in unserer Region. Sie dienen zum einen als ein Mahnmal gegen Gewalt an Frauen und sind außerdem mit Notrufnummern versehen, um schnell und unkompliziert Anlaufstellen zu finden!
DSA Alexander Grohs, MSc, Leiter der Einrichtung NEUSTART Niederösterreich und Burgenland
Man(n) kann Gewalt gegen Frauen beenden – klarer kann man es kaum sagen: Männer tragen hierbei eine zentrale Verantwortung. Gewalt hat Ursachen – und genau deshalb kann sie verhindert werden. In der Arbeit mit Tätern sehen wir, dass Veränderung möglich ist, wenn Männer lernen, Konflikte ohne Kontrolle, Drohung oder Übergriff zu lösen. Prävention heißt: früh ansetzen, Stopp sagen und Grenzen setzen, Verantwortung fördern, Alternativen aufzeigen.
Gleichzeitig braucht es ein klares gesellschaftliches Signal: Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache. Rund 90% der Gewalttäter sind Männer, aber nicht 90% der Männer Gewalttäter. Jeder Mann kann durch Haltung, Zivilcourage und klare Grenzen dazu beitragen, dass Übergriffe nicht toleriert werden. Die 16 Tage erinnern uns: Gewaltfreiheit entsteht durch konsequentes Handeln. Wenn Männer Verantwortung übernehmen, können wir Gewalt gegen Frauen tatsächlich beenden.
Sandra Schnait, BSc, BA, MA, Fachbereichsleitung Familien- und Männerberatung, Caritas St. Pölten
Die Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ macht auf die Tatsache aufmerksam, dass Gewalt oft in überholten Geschlechterrollen und starren Männlichkeitsbildern wurzelt.
In der Familien- und Männerberatung greifen wir diese Themen auf und sprechen über psychosoziale Herausforderungen. Unsere Begleitung bei Themen wie Überforderung, Beziehungskonflikten, oder dem Druck durch Erwartungshaltungen verstehen wir als wichtige Gewaltprävention. Mit Workshops in Schulen im Projekt „how2handle“ möchten wir bereits Kinder und Jugendliche dafür sensibilisieren, wo Gewalt ihren Ursprung hat. Zusätzlich bieten wir ein spezialisiertes Gewaltberatungsangebot für Männer an. Hier setzen wir uns spezifisch mit dem Thema Gewalt auseinander, um die Verhinderung von Gewalt zu erreichen.
In diesen 16 Tagen und selbstverständlich auch an allen anderen ermutigen wir insbesondere Männer, hinzuschauen, Verantwortung zu übernehmen und neue Wege zu gehen. Unsere Angebote stehen bereit, um auf diesem Weg zu unterstützen – für ein respektvolles und gewaltfreies Miteinander.
Mag.a Martina Eigelsreiter, Leiterin Büro für Diversität St. Pölten
Bislang fehlten verlässliche und umfassende Daten zur Zahl der Morde in Österreich. Eine neue Studie der FH Joanneum im Auftrag des Bundesverbandes der Gewaltschutzzentren wertete nun erstmals alle in der amtlichen Todesursachenstatistik der Statistik Austria dokumentierten Mordfälle über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahrzehnten aus. Sie analysiert langfristige Trends, geschlechtsspezifische Unterschiede sowie die gesellschaftliche Relevanz dieser Ereignisse. Die Ergebnisse zeigen, dass Österreich beim Gewaltschutz große Fortschritte erzielt hat. Die Zahl der Morde ist zurückgegangen. Das bedeutet jedoch nicht automatisch eine Abnahme der Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung, denn Verurteilungen wegen versuchten Mordes sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Dass Frauen einen Mordversuch überleben, ist oft reiner Zufall. Heuer wurden in Österreich 14 Frauen ermordet, 31 weitere überlebten Mordversuche durch nahestehende Personen – vor allem (Ex-)Partner, Brüder, Väter – nur knapp. Das ergab eine Zählung des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, AÖF (Stand: 25. November 2025). Mordversuche müssen daher ebenso intensiv analysiert werden, um ein vollständiges Bild des Gewaltgeschehens zu erhalten.
→ Die Studie im Detail ist auf der Webseite der Gewaltschutzzentren Österreich zu finden.
In der Frauenplattform St. Pölten sind derzeit vertreten: Büro für Diversität der Stadt St. Pölten, Club Soroptimist St. Pölten „Allegria“, Frauenprojekt fairwurzelt, Frauenwohnheim/Emmausgemeinschaft St. Pölten, Frauen- und Mädchenberatungsstelle Frauenzentrum St. Pölten, Gemeinsam.Sicher/Stadtpolizeikommando St. Pölten, Gender und Diversity/FH St. Pölten, Gewaltschutzzentrum NÖ, Haus der Frau - Frauenhaus St. Pölten, Katholische Frauenbewegung St. Pölten, Kulturzentrum Löwinnenhof*, Mutter-Kind-Haus/Caritas St. Pölten, SPÖ-Bezirksfrauenkomitee St. Pölten