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Grabungssaison 2018 bringt sensationelle Erkenntnisse

Die archäologischen Grabungen am Domplatz in heurigen Jahr bestätigen die Vermutung der Archäologen: St. Pölten war als Aelium Cetium im 4. Jahrhundert nach Christus der Sitz des zivilen Statthalters der Provinz Noricum, war also damals schon von zentraler Bedeutung. Der Domplatz ist somit nicht nur die Wiege der Stadt, sondern des südlichen Niederösterreichs und weit darüber hinaus.
Foto: Josef Vorlaufer
Stadtarchäologe Dr. Ronald Risy und Bürgermeister Mag. Matthias Stadler präsentieren die sensationelle Erkenntnis der Grabungssaison 2018 am Domplatz: St. Pölten war im 4 Jahrhundert n. Ch. Sitz des Statthalters der Provinz Noricum.

20.000

Am Freitag, den 9. November wurde die 20.000ste Bestattung freigelegt. Durch die sorgfältige Freilegung, Dokumentation und anthropologische Bestimmung liegt nun ein europaweit - wenn nicht sogar weltweit – einzigartiger Datenschatz aus einem Friedhof vor, der für Grundlagenforschungen in der Archäologie, der Anthropologie, vieler Naturwissenschaften, aber auch für die moderne Medizin von unschätzbarer Bedeutung ist und sein wird.

Anthropologie

Bei den heurigen Untersuchungen ergaben sich, wie auch schon im Vorjahr, ein ungewöhnlich hoher Anteil von Kindern und Jugendlichen.
Es wurden vor allem Verletzungen und Veränderungen an den Skeletten festgestellt, wie sie für eine starke körperliche Arbeitsbelastung typisch sind. Zu diesen zählen etwa chronische Entzündungen der Beinhäute (Periostitis) und der Gelenke (Arthritis) sowie degenerative Abnützungserscheinungen (Arthrose) an den Gelenken. Des Weiteren wurden mehrfach Zeugnisse von (Arbeits-?) Unfällen, wie Frakturen an den Unterarmen (Stürze) oder an den Füssen und den Unterschenkeln (Überrollungen) an den untersuchten Individuen vorgefunden. Der Anteil an Verletzungen, welche auf interpersonelle Gewalt zurück zu führen sind, war wie in den Jahren zuvor, eher gering.
Ein bizarrer Fund im heurigen Jahr gibt allerdings weiterhin Rätsel auf. Neben Schnittverletzungen am Schädel und dem rechten Unterarm, wurde einem jungen Mann ein massiver Eisennagel in den Schaft des rechten Oberarmknochens getrieben. Eine medizinisch-orthopädische Behandlung erscheint wenig wahrscheinlich, viel eher dürfte es sich um eine Maßnahme bei der Präparation des Leichnams für die Bestattung gehandelt haben. Das Ziel dieses „Eingriffes“ bleibt aber, zumindest vorerst, unklar.

„Archäologisches Erbe – was tun?“

Was ist eigentlich ein Bodendenkmal, wie kann die Archäologie BürgerInnen (be-)treffen? Was soll/darf man tun oder nicht tun? Diese und viele andere Fragen möchte diese neue, einfallsreich illustrierte Broschüre beantworten! Auf humorvolle Weise möchte der Ratgeber das Thema Archäologie, die Herausforderungen der Archäologie und archäologischen Denkmalpflege einem breiten Publikum näherbringen. Große und auch kleine Interessierte sollen sich mit dieser kleinen, praktischen Broschüre informieren können, was es bedeutet, wenn archäologische Funde und Bodendenkmale entdeckt werden, und wie man mit den Spuren der Vergangenheit umgehen soll.
Das von der „Standesvertretung der Museumsarchäolog(inn)en Österreichs“ herausgegebene Büchlein ist noch in geringer Stückzahl im Stadtmuseum St. Pölten gratis erhältlich oder kann auf der Stadtmuseumshomepage unter dem folgenden Link heruntergeladen werden:
http://www.stadtmuseum-stpoelten.at/PUBLIKATIONEN

Heuer wurden 522 m² in zwei Teilflächen geöffnet. In diesem Jahr wurden insgesamt 3.601 Individuen freigelegt und dokumentiert. Es hat sich auch heuer bestätigt, dass der Zentralbereich des Friedhofs zwischen den beiden Kirchen offenbar dichter als die Randbereiche belegt war. Die Anzahl der gemäß den Vorgaben des Bundesdenkmalamtes zu dokumentierenden Einzelbefunde beläuft sich auf 4.169. Darüber hinaus kamen 870 Kleinfunde sowie 445 Münzen zum Vorschein. 19.602 Fotos wurden aufgenommen. Die Arbeiten sind beendet und die Grabungsflächen bis auf einen kleinen Streifen geschlossen.

Sensationelle Überraschung

Ein besonderes Augenmerk der heurigen Kampagne galt der Klärung der Frage, wie die in den letzten Jahren immer wieder angeschnittenen, römerzeitlichen Gebäudereste zu interpretieren sind. Auch heuer kamen erneut mehrere, zum Teil bereits bekannte, zum Teil noch unbekannte mit Fußbodenheizung versehene Räumlichkeiten zu Tage. In Verbindung mit den in den letzten Jahren dokumentierten Mauerresten zeigte sich klar, dass es sich um einen einzigen Baukomplex handelt, der mit den im Norden festgestellten als Verwaltungsanlage interpretierten Gebäudeteilen in Zusammenhang stehen muss.
Die gesamte Anlage nahm eine Fläche von mindestens 5.100 m² ein und bestand aus einem Privatbad, einem großen Saal mit Apside (Aula) sowie einem Komplex mit Gängen, Höfen und ungewöhnlich vielen beheizten Räumlichkeiten. Die Größe, die bereits genannten Raumelemente und die Datierung in das 4. Jahrhundert nach Christus lassen nur den Schluss zu, dass hier der Sitz des zivilen Statthalters der Provinz Noricum ripense vor uns liegt, der bisher in Ovilava (Wels) oder in Lauriacum (Enns) lokalisiert wurde.
„Die archäologischen Grabungen am Domplatz zeigen, dass St. Pölten als Aelium Cetium in der Römerzeit eine weit größere Bedeutung gehabt haben muss, als bisher angenommen. Das ist für die Geschichtsschreibung und die Identitätsfindung der Stadt eine wichtige Erkenntnis. Der Domplatz war also nicht nur die Wiege St. Pöltens, sondern des südlichen Niederösterreichs und weit darüber hinaus“, interpretiert Bürgermeister Mag. Matthias Stadler die Ergebnisse der archäologischen Grabungen am Domplatz.

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