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Wein

Stadt trifft Wein

Niederösterreichische Pioniere: Im Jahr 2005 begann Familie Paschinger die Umstellung auf Biobetrieb, seit 2016 zertifiziert (Foto: Robert Herbst)
Niederösterreichische Pioniere: Im Jahr 2005 begann Familie Paschinger die Umstellung auf Biobetrieb, seit 2016 zertifiziert (Foto: Robert Herbst)

Jedes Jahr kürt die Stadt St. Pölten einen Hauptstadtwein und holt damit die besten Winzer der Region vor den Vorhang. Dieses Jahr stellt das Bio-Weingut Urbanihof aus Fels am Wagram gleich zwei Weine mit geschichtsträchtigen Namen. Und: Wegen des großen Erfolgs gibt es mittlerweile auch einen Hauptstadtweinbrand.

Im Jahr 1598 wurde in Florenz die allererste Oper der Musikgeschichte uraufgeführt – im selben Jahr gründeten auch die Vorfahren der Familie Paschinger in Fels am Wagram das Weingut, das heute den Namen »Urbanihof« trägt. Franz und Sonja Paschinger bewirtschaften heute den österreichweit bekannten Bio-Betrieb in 11. Generation; zwei ihrer drei Kinder, Lisa und Jakob, sind die kommende Generation am Weingut.

Im Jahr 2025 bereichern zwei ganz besondere Weine das Angebot der Familie: Familie Paschinger stellt dieses Jahr den St. Pöltner Hauptstadtwein und reiht sich so in eine lange Liste an großen Namen aus der Region ein. Im Vorjahr kam der Wein (benannt nach dem Kulturfestival »Tangente«) von Markus Huber, im Jahr 2023 von der Domäne Wachau (»Neuer Domplatz«). Dieses Jahr gibt es den Hauptstadtwein gleich im Doppelpack, die Namen sind geschichtsträchtig: Der Grüne Veltliner »Bertha« erinnert an Bertha von Suttner, die vor 120 Jahre den Friedensnobelpreis erhielt. Der Rote Veltliner »Sigmund« ehrt Sigmund Freud, den Vater der Psychoanalyse.

Als Weinpaten fungieren Alfred Pritz von der Sigmund-Freud-Privatuniversität, deren Eigentümer künftig auch die Bertha von Suttner Universität in die Zukunft führen, sowie Marie Rötzer, Künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich. Für die Stadt ist die Aktion, die seit mehr als 20 Jahren besteht, ein Erfolgsprojekt: »Das Siegel steht für Produkte mit höchster Qualität«, sagt Bürgermeister Matthias Stadler.

Am Urbanihof hat Jungwinzer Jakob Paschinger – die bereits 12. Generation – die Hauptstadtweine verantwortet. »In den Weinen stecken seine Vision und seine Ideen«, sagt Vater Franz Paschinger. Erfahrung hat der Sohn zuletzt bei Weingütern wie F.X. Pichler und Jurtschitsch gesammelt, am eigenen Weingut bringt er sich immer stärker ein. So gibt es mit dem »Hitzigen Jakob« und dem »Null komma Jakob« sogar schon Produkte, die seinen Namen tragen.

ZUKUNFTSFIT

Das Weingut Urbanihof ist nicht nur geschichtsträchtig, sondern beweist auch Vision: Im Laufe der Jahre entwickelte sich das Weingut zu einem Vorreiter im biologisch-organischem Weinbau, seit 2016 ist der Betrieb offiziell biozertifiziert. Franz Paschinger und sein Team legen größten Wert auf den Schutz und die Erhaltung der natürlichen Ressourcen, die Rebflächen werden nach strengen Richtlinien der bio-organischen Bewirtschaftung bearbeitet, ohne den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln oder synthetischer Düngemittel. Stattdessen setzt Familie Paschinger auf eigens produzierten Wirtschaftsdünger und die Förderung der Insektenvielfalt. Auch dem Mikroplastik hat Franz Paschinger ambitioniert den Kampf angesagt.

Ein Blick in die Sortimentsliste macht klar: Hier regiert der Grüner Veltliner, der in unterschiedlichen Kategorien angeboten wird. Die Palette reicht von leicht und unkompliziert, (aber stets mit moderner, ansprechender Aufmachung) bis zu den Riedenweinen der Wagram DAC aus bekannten Lagen wie Brunnthal und Dorner. Stilistisch wählt der Weinfreund vom frischen fruchtbetonten Stil bis hin zum Grünen Veltliner mit burgundischem Touch, ausgebaut im kleinen Weißwein-Holzfass, wie dem Grünen Veltliner Wagram DAC »1598«. Will man Veltliner-Aromen ohne Alkohol genießen, steht mit dem »Zero« eine entalkoholisierte Variante zur Verfügung. Weißburgunder und Chardonnay werden entsprechend dem internationalen Vorbild im kleinen Weisswein-Holzfass ausgebaut. Aus der Ried Steinagrund kommt die »Diva des Wagrams«, der stoffige Rote Veltliner, das Weißweinsortiment wird vervollständigt durch den duftigen Muskateller und Riesling sowie Sauvignon Blanc als süße Auslese.

Bei den Rotweinsorten wird der Zweigelt als Classic aber auch wie der Cabernet Sauvignon als Barriqueversion angeboten, neu im Programm ist der Rosé vom Merlot. Vier Schaumweine runden das Angebot ab, hier spannt sich der Bogen vom Gelben Muskateller, Grünen Veltliner bis zum Blanc de Noirs, dazu gesellt sich der exotische Uhudler Frizzante. Für ihre Produktion greift die Familie Paschinger auf Trauben aus den besten Rieden in ihrer direkten Umgebung zurück, aus rund 45 Hektar Weingärten, denen sie eine besondere Pflege angedeihen lässt.

Auch Kulinarik wird im Urbanihof großgeschrieben, und das ist der »Next Generation« zu verdanken. Im Mai findet mit Toni Mörwald im Restaurant »Zur Traube« im nahen Feuersbrunn das traditionelle »Lössdinner« mit Weinbegleitung statt. In den Sommermonaten kehrt – nach der gelungenen Premiere 2023 – das »Popup im Urbanihof 3.0« ans Weingut zurück. Immer Freitag bis Montag kocht Lucas Guggi, Küchenchef im »Loisium« und Freund von Jungwinzerin Lisa, auf. Er verantwortet auch das »Tafeln im Weingut«, bei dem an zwei Abenden im August nach einer Traktorfahrt samt Anstossen im Weingarten ein fünfgängiges Menü – mit darauf abgestimmter Bioweinbegleitung – geboten wird.

Der Urbanihof ist heute bei den Konsumenten nicht nur für seine Bio-Weine und Schaumweine bekannt, zahlreiche weitere Produkte haben die Marke im Land verbreitet. So zum Beispiel die Traubensäfte, die heute bereits bis nach Indien exportiert werden, aber auch Winterheißgetränke wie Punsch oder Glühwein. Nicht weniger als 33 Sorten umfasst das preisgekröntes Punsch- und Glühweinsortiment der Felser Punschmacher.

EIN BESONDERER WEINBRAND

In St. Pölten hat man – dem Erfolg der Aktion ist es geschuldet! – mittlerweile nicht nur einen Hauptstadtwein, sondern auch einen eigenen Weinbrand: Hergestellt wird dieser in Nußdorf ob der Traisen vom Weingut Herzinger. »Grüner Veltliner ist ein typisch niederösterreichischer Wein und macht deshalb auch meistens das Rennen um den Hauptstadtwein. Die Idee, aus einem Veltliner einen noch edleren Tropfen als genussreiches Geschenk oder Souvenir mit St.-Pölten-Bezug zu kreieren, führte uns zum Weingut Herzinger«, sagt Tourismusdirektor Stefan Bauer.

Winzer Andreas Herzinger bewirtschaftet zwölf Hektar Rebflächen rund um Nußdorf und keltert im historischen Gewölbekeller ein breit gefächertes Sortiment von Weinen mit dem Grünen Veltliner als Herzstück. Dass er sich zudem auch den selbstgemachten Destillaten verschrieben hat, kam da gelegen.

Übrigens: Auch der Hauptstadtweinbrand trägt einen historisch bedeutsamen Namen. »AC« – in Anlehnung an Aelium Cetium, den Namen der ersten römischen Siedlung an der Stelle der heutigen St. Pöltner Altstadt.

Eine Stadt und ihre Weine

Mittlerweile ist aus der Marketingidee eine liebgewonnene Tradition geworden: Seit 2003 kürt die Stadt St. Pölten in Kooperation mit den besten Winzern der Region alljährlich einen Hauptstadtwein, der bei einer feierlichen Veranstaltung in erlesenem Rahmen präsentiert und gesegnet wird. »Seit der ersten Hauptstadtwein-Weihung hat sich die Auszeichnung zu einem starken Marketinginstrument entwickelt«, sagt Bürgermeister Matthias Stadler. »Das Siegel steht für Produkte mit höchster Qualität. Jene Winzer, die den Titel Hauptstadt-Winzer erhalten, vermerken einen Anstieg ihrer Bekanntheit und können wirtschaftlich profitieren. Und nicht nur die Winzer profitieren, sondern auch Gastronomie und Tourismus. Außerdem ist der Wein ein beliebtes Mitbringsel für Freunde oder Geschäftspartner.«

Die Liste der Hauptstadt-Winzer kann sich sehen lassen – und reicht von Markus Huber über Ludwig Neumayer bis zu Josef Dockner. Der erste Hauptstadtwein überhaupt kam einst vom Weingut Pernikl.