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Wein

Finesse im Traisental

Weinhügel im Sonnenschein (Foto: ÖWM/Robert Herbst)
Weinhügel im Sonnenschein (Foto: ÖWM/Robert Herbst)

Das kleine, aber feine Weinbaugebiet Traisental erzeugt Weißweine mit lebendiger Struktur und festem Kern, die man am besten direkt bei den zahlreichen Heurigenbetrieben der Regionen erkosten kann.

Im Jahr 1995 wurde direkt vor den Toren St. Pöltens das neue Weinbaugebiet namens Traisental aus der Taufe gehoben. Dabei blickt das kleine, aber feine Weinland, das sich entlang der Traisen zwischen der Landeshauptstadt und der Donau zu den Ausläufern des Dunkel­steiner Waldes und in Richtung Tulln ausdehnt, auf eine ungewöhnlich lange und vielseitige Weinbaugeschichte zurück. Der Bau einer Schnellstraße zwischen St. Pölten und Krems brachte zahlreiche archäologische Funde zutage, die eine frühe Besiedlungsgeschichte bezeugen.

Aus Franzhausen stammt der älteste in Österreich gefundene Beweis, die europäische Weinrebe Vitis Vinifera, gefunden als bronzezeitliche Grabbeigabe. Sie gedieh im Traisental bereits mindestens 1600 v. Chr., auch ein keltischer Bronze­eimer mit festlichen Trinkszenen aus der Zeit 450 v. Chr. wurde bei Grabungen entdeckt. Im ersten Jahrhundert brachten die Römer neue Techniken für den Weinbau an die Traisen mit, im heutigen Traismauer lag ein wichtiges Limeskastell und ein Hafen der römischen Donauflottille, deren Mannschaft ursprünglich aus Libourne in Bordeaux stammte. Nach der Völkerwanderung gehörte die Region zum Missionsgebiet des Bischofs von Salzburg, das Erzstift besitzt hier daher bereits ab dem achten Jahrhundert Weinberge.

DIE FRÜHESTEN UND BEKANNTESTEN

Während sich heute das Gros der bekannten Weinorte und Toprieden links und rechts parallel zum Traisenfluss in er Nord-Süd-Achse von Wagram bis Inzersdorf aneinanderreiht, bildeten die Orte des »Grunzwitigaues« mit Obritzberg als Zentraum am südöstlichen Rand des Dunkelsteiner Waldes die frühesten Anbaugebiete. Noch heute liegen dort von West nach Ost die Rieden der Orte Ambach, Ober- und Unterwölbling und Kuffern.

Ab dem Frühmittelalter waren hier Klöster aus Salzburg und Bayern auch mit Weingärten bestiftet. Zwischen Traismauer und Sitzenberg-Reidling liegt die Ahrenberger-Eichberger Kellergasse mit 123 Presshäusern, die längste ganzjährig bespielte Kellergasse Niederösterreichs. Heute bilden der Altenberg bei Trandorf und Weinzierl bei Atzenbrugg die nordöstliche Grenze zum Weinbaugebiet Wagram-Klosterneuburg.

GEMEINSAM NACH VORNE

Im Jahr 1993 schlossen sich eine Handvoll Winzer zur »Vereinigung Traisentaler Weingärtner – Regio Tragisana« zusammen, Vorbild dafür war zweifellos die Vinea Wachau. Der Großteil der Traisentaler Weingartenbesitzer bewirtschaftete damals seine Rieden im Nebenerwerb, die meisten verkauften ihre Trauben an die Winzergenossenschaft Krems, erzeugt wurden viele Doppelliter, vermarktet wurde bei den gut besuchten Heurigen. Mit der Einführung eines eigenen Weinbaugebietes und angesichts des wachsenden Erfolgs jener weniger, die sich hauptberuflich mit dem Weinbau befassten, stieg die Qualität der Weine schnell und merklich an.

Als Ludwig Neumayer aus Inzersdorf begann, sich ganz dem Wein zu widmen, hieß sein Anbaugebiet noch »Donauland«. Auf den kalkreichen Konglomeratböden seiner Rieden legte Neumayer die Latte hoch, das Ziel war seit den 80er-Jahren nichts Geringeres, als große Weine zu erzeugen, die auch internationalen Kriterien standhalten. Nicht nur mit seinen Prämiumgewächsen »Der Wein vom Stein« erzielt er regelmäßig nationale und internationale Spitzenbewertungen. So kürte Falstaff seinen Riesling »Steinkapelle« 2022 ex aequo zum besten Riesling Österreichs. Wenn heute seine Weine in Drei-Sterne-Restaurants in Paris und New York zu finden sind, ist das der schönste Beweis, welch herausragende Qualität vor den Toren St. Pöltens gedeiht.

Sein Erfolg spornte eine junge Generation an, sich mit dem Meister zu messen. Einer, der es ganz genau wissen wollte, ist Markus Huber aus Reichersdorf. Er hat nicht nur eine Hand für den Wein, sondern versteht es wie wenige, sich mittels Innovation und Investition weiterzuentwickeln. In relativ kurzer Zeit verwandelte Huber den elterlichen Buschenschankbetrieb zu einem Vorzeigebetrieb, der im Segment der Premiumweine in 35 Länder exportiert und zu Hause von keiner guten Weinkarte wegzudenken ist. Längst ist sein mondernst ausgestatteter Betrieb sowohl »Nachhaltig Austria«- wie bio-zertifiziert, und ganz nebenbei hat er mit einem Vertriebspartner unter dem Label »New Chapter« auch den Grünen Veltliner für den internationalen Markt neu definiert.

Und das ist kein Zufall, denn der Grüne Veltliner ist das Sorten-Flaggschiff des Traisentals, und seit 2006 hat er auch den Herkunftsschutz DAC. Mit satten 62 % ist der Anteil der weißen Nationalsorte an den Traisentaler Weinfläche bedeutend, danach folgt Blauer Zweigelt mit 8,3 % und der Riesling mit 6,4 %. Letzterer entwickelt auf ausgesuchten Böden Spitzenqualität, auch er darf als Traisental DAC abgefüllt werden.

VIELFALT ENTDECKEN

Das Terroir ist ausgesprochen vielfältig, was auch die Weine widerspiegeln. Die bodenbildenden Gesteine sind vorwiegend Ton, Mergel, Sand und Sandgestein, Schotter, Konglomerate und Kalke. Die Mineralik ist der Geschmacksträger, sie stützt die Säurestruktur und fördert somit die Langlebigkeit der Weine. Besondere Klimafaktoren, wie die pannonischen Einflüsse aus dem Osten und gleichzeitig Kaltluft aus dem Alpenvorland, sorgen für warme Tage und kühle Nächte und so entfalten die Weine eine sehr feine Aromatik und würzige Finesse. Je mehr Kalk, umso länger brauchen die Weine in ihrer Entwicklung.

Von St. Pölten, dem südlichsten Punkt des Weinbaugebietes eröffnen sich viele Wege in idyllische Wein- und Heurigendörfer: von Statzendorf, Unter- und Oberwölbling über Nußdorf, Reichersdorf, Getzersdorf und Inzersdorf, von Traismauer bis nach Stollhofen, Frauendorf und Gemeinlebarn warten Winzer und Keller auf Besuch.