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Frauen arbeiten ab 28. Oktober unbezahlt

Der Equal Pay Day ist jener Tag, ab dem Frauen – im Vergleich zu den männlichen Berufskollegen – zwar nicht umsonst aber „gratis“ arbeiten.

v.l.n.r.: Mag.a Martina Eigelsreiter (Büro für Diversität), Mag.a Johanna Reithner (Beratungsstelle FAIR), Barbara Seyrl (Frauenprojekt fairwurzelt), DSAin Ulrike Limberger (Frauen- und Mädchenberatungsstelle Frauenzentrum St. Pölten), DSAin Petra Fischer (Mutter-Kind-Haus, Caritas St. Pölten), Mag.a Romana Reisenthaler (Gewaltschutzzentrum NÖ), Stadträtin Mag.a Renate Gamsjäger, (SPÖ-Bezirksfrauenkomitees St. Pölten), Ilse Knell (Büro für Diversität). (Foto: Josef Vorlaufer)
„Warum ist es so kompliziert, Frauen einfach das Gleiche wie Männern zu zahlen?“ – dieser Frage wird anlässlich des Equal Pay Days auf den Grund gegangen. (Foto: Josef Vorlaufer)

Noch immer besteht eine weit auseinanderklaffende Einkommensschere zwischen Mann und Frau. Gleicher Lohn für gleiche Leistung? Nicht in Österreich. Heuer fällt der Equal Pay Day österreichweit auf den 30. Oktober, in Niederösterreich sogar schon auf den 28. Oktober. Das ist jener Tag, an dem Vollzeit arbeitende Männer bereits das Jahreseinkommen von Vollzeit arbeitenden Frauen erreicht haben. Es gibt viele Gründe, weshalb Frauen noch immer weniger verdienen als Männer. Da ist einmal das geringe Lohnniveau in Branchen mit hohem Frauenanteil, aber auch die Tatsache, dass der Großteil an unbezahlter Arbeit, wie z.B. Hausarbeiten, Kinderbetreuung und Pflege nach wie vor meist von Frauen verrichtet wird. Die Folge sind Unterbrechungen in der Erwerbsarbeit und Teilzeitarbeit, was sich auf das Einkommen und in weiterer Folge auch auf die Pension auswirkt.

Stimmen zum Equal Pay Day

Mag.a Johanna Reithner, Leitung Beratungsstelle FAIR

„Die Folgen der Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern und somit die schlechtere Bezahlung von Frauen hat für die einzelne Frau drastische Folgen. Die Absicherung eines Einkommens, von dem man leben kann ist oft nicht gegeben. Migrantinnen sind hier genauso wie alle Frauen betroffen. Speziell haben sie zusätzlich mit Anerkennung ihrer Qualifikationen und dementsprechend fehlendem Berufsschutz und daraus resultierende Dequalifizierung zu kämpfen. Auch das teilweise fehlende Wissen über ArbeitnehmerInnenrechte, Kollektivverträge und Gleichbehandlungsgesetze kann zu weiteren Diskriminierungen am Arbeitsmarkt führen.

Auch gesamtgesellschaftlich ist die steigende Frauenarmut (Stichwort Pensionsreform – Durchrechnungszeitraum 40 Jahre!) sehr besorgniserregend.
Wir fordern Gehaltstransparenz, eine höhere Bewertung von Erwerbsarbeit, die weiblich konnotiert ist (wie z.B. Handel, Betreuung und Pflege) und eine gerechte Verteilung von unbezahlter Care Arbeit. Letztere wird immer in den Bereich des Privaten verwiesen, jedoch geht fehlende Kinderbetreuung Hand in Hand mit Teilzeitarbeit. Und reden wir über die Rollenerwartungen an Frauen: diese sind aus dem sprichwörtlichen letzten Jahrhundert, aber leider noch immer in vielen Köpfen präsent.“

Mag.a Martina Eigelsreiter, Leiterin Büro für Diversität St. Pölten

„Die Lebenssituationen der Frauen sind verschieden. Was sie verbindet ist, dass sie mit gesellschaftlichen Strukturen konfrontiert sind, die sie arm machen, ihnen gerechte Bezahlung vorenthalten, gesellschaftliche Teilhabe verhindern und ihnen soziale Sicherheit verwehren.

Das Ideal: Frauen und Männer in Partnerschaften können frei wählen, wer in Karenz geht oder sich in zeitlichen Etappen um Haushalt, Kinderbetreuung oder pflegebedürftige Angehörige kümmert. Ein zentraler Grund für den starken Teilzeittrend bei Frauen ist die ungleiche Verteilung unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern, vor allem, wenn Kinder im Haushalt sind. So bricht mit Teilzeitarbeit für Frauen nicht nur automatisch ein erheblicher Patzen Einkommen weg im Vergleich zur Vollzeit-Entlohnung – Teilzeitarbeit erschwert beruflichen Aufstieg außerdem stark. Die Höhe des monatlichen Einkommens stagniert.

Väter, die sich spürbar an Kinderbetreuung und Hausarbeit beteiligen, sind nach wie vor rar. Es gibt die rechtlichen Voraussetzungen für eine gute Aufteilung von Karenzzeiten oder Pflegefreistellungen. Sie müssten aber eben auch genutzt werden. Zu viele Männer sagen noch immer, bei ihnen im Unternehmen gehe es nicht, dass sie in Karenz gehen oder beim kranken Kind daheim bleiben. Das ist nicht akzeptabel.“

Barbara Seyrl, Projektleiterin Frauenprojekt fairwurzelt

„Wir, das Frauenprojekt fairwurzelt unterstützen langzeitbeschäftigungslose Frauen beim Berufseinstieg. Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass eines der Haupthindernisse bei der Arbeitsplatzsuche die fehlende Kinderbetreuung in Niederösterreich darstellt – einerseits die fehlenden Plätze, aber andererseits die unzureichenden Öffnungszeiten.

Zwischen 7:30 Uhr und 16:00 Uhr ist das Kind bestenfalls in der Landeshauptstadt in St. Pölten betreut, in ländlichen Gebieten teilweise bis 14:00 Uhr, das nur an manchen Tagen. D.h. die Mutter kann erst ab 8:00 Uhr und bis ca. 15:30 Uhr arbeiten, wenn sich der Arbeitsplatz in der Nähe der Betreuungsstätte befindet! Wie viele Arbeitsstellen bieten sich da an? Mit diesen Arbeitszeiten sind ganze Berufssparten für viele Frauen mit Betreuungspflichten nicht zugänglich. Nur 18% der Kindergärten in NÖ haben bis mind. 17 Uhr geöffnet (lt. einer AK NÖ Studie)

Teilzeitfalle: Oft hören wir als einfach getätigte Aussage, „Na, dann sollen die Frauen halt Vollzeit arbeiten“.!“ Um Beruf und Familie vereinbaren zu können, stecken immer noch die Mehrzahl an Müttern zurück. Es kann noch so viel Bewusstseinsbildung passieren, dass Frauen Vollzeit arbeiten sollen (wegen Pension, finanzieller Sicherheit/Unabhängigkeit usw.), es ist aber nicht möglich, aufgrund der fehlenden Kinderbetreuung.

Rascher Wiedereinstieg: Für jede Frau ist der rasche Wiedereinstieg in das Berufsleben sehr wichtig, um beruflich am Ball zu bleiben.

Mehrere Studien besagen, dass Österreich im internationalen EU Vergleich mit den Betreuungsplätzen unter 2,5 Jahren schlecht aufgestellt ist. Niederösterreich hat großen Aufholbedarf, (zurzeit 25,9%) wenn das EU Ziel für 2030 mit 50% an Betreuungsplätzen für unter 3-Jährige erreicht werden soll.

Solange von der Politik her immer noch das konservative Frauen- und Familienbild vermittelt wird und keine flächendeckende, ganztägige Kinderbetreuung in NÖ gegeben ist, werden wir leider weithin am Equal Pay Day auf die Benachteiligung der Frauen hinweisen müssen!“

Rita Olah, BA, Leiterin des Frauenwohnheimes der Emmausgemeinschaft St. Pölten

„Das materielle Armut Frauen stärker betrifft als Männer, ist nichts Neues. Einiges ist schon passiert, um aber die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern auszugleichen muss noch vieles geschehen. Die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen tragen immer noch dazu bei, dass Armut „weiblich“ ist.

Der „Equal Pay Day“ ist ein Aktionstag für Einkommensgerechtigkeit, der die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich deutlich macht. An diesem Tag haben Männer bereits das Einkommen erreicht, für das Frauen noch bis Jahresende arbeiten müssen.

Die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern sind ungebrochen. Immer wieder führt dieses Thema zur Verharmlosung der Fakten durch die Aussage: „Frauen verdienen weniger, weil sie auch weniger arbeiten – in Teilzeit oder in einer geringfügigen Beschäftigung.“ Und es stimmt, Teilzeitbeschäftigung ist „weiblich“. Die Hintergründe, die zu den prekären Beschäftigungsverhältnissen bei Frauen führen sind aber komplexer. Stereotype oder Klischees der „klassischen“ Rollenverteilung sind immer noch ein Grund dafür, dass vor allem Frauen Haushalts-, Erziehungs- und Pflegearbeiten erledigen. Durch die Schwierigkeiten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, sind viele Frauen einer ständigen Doppelbelastung ausgesetzt. Allerdings stellen nicht nur die atypischen Beschäftigungsformen ein Armutsrisiko dar, sondern auch die brüchigen Erwerbsbiografien von Frauen. Sie entstehen durch Unterbrechung der Erwerbstätigkeit aufgrund der Kinderbetreuung. Häufig übernehmen Frauen auch noch die Pflege von nahen Angehörigen, was den Einstieg ins Berufsleben zusätzlich erschwert.

Wie stark Frauen tatsächlich von Armut betroffen sind, zeigt sich häufig nach einer Trennung oder Scheidung. Im Frauenwohnheim der Emmausgemeinschaft St. Pölten sehen wir, dass viele Frauen ihren Lebensunterhalt nicht mehr allein finanzieren können. Sie benötigen dann unsere Unterstützung – um eine Existenz aufbauen zu können, für ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben.“

DSAin Ulrike Limberger, Leiterin Frauen- und Mädchenberatungsstelle Frauenzentrum St. Pölten

„Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf lastet hauptsächlich auf den Schultern von Frauen und hat während der Corona-Krise die Frauen stärker getroffen als Männer. In den meisten Fällen konnten die Männer ihrer Tätigkeit nachgehen, waren z.T. in Kurzarbeit oder Homeoffice, wogegen die Frauen mit einer Zunahme von Betreuungspflichten konfrontiert waren. Die Folgen sind Überforderung, psychischer Druck und lange Krankenstände. Besonders betroffen davon waren Frauen in „systemrelevanten“ Berufen und auch die große Gruppe der Alleinerzieherinnen. Die Situation verschärft sich jetzt noch durch den Anstieg der Energie- und Lebenshaltungskosten, die existentiellen Sorgen sind enorm.

Die Frauenarbeitslosigkeit nahm während der Pandemie stark zu, war überproportional lange und kann erst langsam wieder abgebaut werden. Das Arbeitslosengeld beträgt 55% des vorherigen Einkommens und das ist bei längerer Arbeitslosigkeit kaum existenzsichernd. Mitzudenken sind daher auch die Auswirkungen auf die Pensionsberechnung.

Was wird gefordert:

  • Allem voran werden flächendeckend Kinderbetreuungsangebote gebraucht, damit die von den Dienstgebern geforderten Arbeitszeiten auch abgedeckt werden können bzw. dass Frauen auch eine gewisse Wahlfreiheit haben, welchen Job sie gerne ausüben möchten. Erst wenn die Vereinbarkeit Beruf und Familie tatsächlich ermöglicht wird, können Frauen mit Kindern auch ihre Einkommens- und Karriereentwicklung verbessern. Job und Familie dürfen nicht im Widerspruch zueinanderstehen.
  • Weiters notwendig sind Ausbildungen in „Teilzeit“, die mit den Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen abgestimmt sind. Es wäre viel mehr Frauen möglich, z.B. eine Ausbildung im Pflegebereich zu absolvieren.
  • Arbeitgeber, die in Sachen Familienfreundlichkeit mit gutem Beispiel voran gehen, gibt es leider zu wenig. Hiermit sind gemeint der Papamonat und auch Väterkarenz. Mit flexibleren Arbeitszeiten könnte es gelingen, zufriedene Mitarbeiter_innen zu haben und auch zu halten.
  • Und last but not least müsste Arbeit generell neu bewertet werden. Wir schreiben das Jahr 2022 und es darf nicht sein, dass Frauen in „frauenspezifischen“ Berufen (Handel, Pflege, Dienstleistungssektor) im Vergleich zu den männerdominierten Berufen um ein Vielfaches weniger verdienen und von ihrem Verdienst – auch bei Vollzeitanstellung – sehr oft sozial nicht ausreichend abgesichert sind.

Frauen sollen von ihrem Verdienst leben können und in der Pension dadurch sozial abgesichert sein.“

DSAin Mag.a Romana Reisenthaler, Projektkoordinatorin und Beraterin PERSPEKTIVE:ARBEIT, Gewaltschutzzentrum NÖ – St. Pölten, Anerkannte Opferschutzeinrichtung im Auftrag des BM.I, BKA und BMJ

„PERSPEKTIVE:ARBEIT NÖ: Ökonomisches Empowerment für gewaltbetroffene Frauen: Frau Müller.
Frau Müller ist 25 Jahre alt, hat ein vier Jahre altes Kind und lebt in einer Genossenschaftswohnung, die auf ihren Namen läuft. Bis vor kurzem lebte Frau Müller dort gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, der aber nicht der Vater ihres Kindes ist. Frau Müller hat eine Lehre als Einzelhandelskauffrau abgeschlossen und im Zuge der Coronakrise leider ihre Teilzeitarbeit als Regalbetreuerin verloren. Ihr ALG-Bezug beläuft sich derzeit auf EUR 420,00 pro Monat, weshalb sie ihre Miete nicht mehr zahlen kann. Sie ist derzeit drei Monatsmieten im Rückstand. Frau Müller hat zudem Probleme mit der Bank, da ihr Konto überzogen ist. Ihr Lebensgefährte wurde ebenfalls arbeitslos und trägt nur sporadisch zum Haushaltseinkommen bei.

Aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten kam es in jüngster Zeit immer wieder zum Streit, welche in körperlichen Übergriffen des Lebensgefährten gegenüber Frau Müller mündeten. Nachdem Frau Müller kürzlich von ihrem Lebensgefährten gewürgt und körperlich attackiert wurde, rief Frau Müller die Polizei, welche ein polizeiliches Annäherungs- und Betretungsverbot aussprach, und eine Anzeige wg. Körperverletzung aufnahm.

In dieser Situation nimmt Frau Müller zum ersten Mal das Beratungsangebot von PERSPEKTIVE:ARBEIT im Gewaltschutzzentrum Niederösterreich in Anspruch, wo sie in einer vertrauensvollen und vorurteilsfreien Umgebung über ihre Probleme offen sprechen kann.

Viele Frauen arbeiten in niedrig bezahlten Berufen oder aufgrund der Kinderbetreuung in Teilzeit. Deshalb stellen die steigenden Kosten in den Bereichen Mobilität, Energie, Wohnen und Lebensmittel für Frauen und besonders für Alleinerzieherinnen eine besondere Belastung dar. Gerade aber jene Frauen, die über sehr geringe oder keine eigenständigen ökonomischen und beruflichen Ressourcen verfügen, weil sie nicht oder nur geringfügig erwerbstätig sind, kein eigenes Einkommen oder einen sehr geringen beruflichen Status haben, weisen auch ein erhöhtes Risiko auf, Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen zu werden. Studien belegen, dass ein soziokulturelles Merkmal, das oft mit einer erhöhten Gewaltbetroffenheit in Paarbeziehungen einhergeht, die berufliche und ökonomische Situationen der Frauen ist. Eben diese vulnerable Gruppe trifft die Corona-Krise und die Teuerungswelle besonders hart. Dies ist ein Faktum, das wir tagtäglich in unserer Arbeit beobachten. Fehlende ökonomische Unabhängigkeit führt häufig dazu, dass Frauen und ihre Kinder nur schwer aus der Gewaltspirale aussteigen können.

Was es braucht?

Flächendeckende, flexible und leistbare Kinderbetreuung mit ausreichend vielen Plätzen und dementsprechenden organisatorischen und personellen Ressourcen sowie Vereinbarkeit der Öffnungszeiten mit einer Vollzeitbeschäftigung der Eltern.

DSAin Petra Fischer, Leiterin Mutter-Kind-Haus, Caritas St. Pölten

„Aus Sicht der Bewohnerinnen des Mutter-Kind-Hauses bringt diese Zeit der neuen Herausforderungen keine neuen Schwierigkeiten, verstärkt aber die bereits bestehenden enorm. Alleinerzieherinnen wie sie in unserem Haus wohnen, müssen große Hürden überwinden um den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu schaffen. Strukturelle Ungleichheiten, wie prekäre Arbeitsverhältnisse für Frauen, oft an Randzeiten, die
mit kostenintensiver Kinderbetreuung zusammenhängen, erschweren die Situation. Meist sind für unsere Bewohnerinnen nur geringfügige Dienstverhältnisse und Teilzeitbeschäftigungen möglich, oft in schlecht bezahlten Branchen. Diese Frauen mit ihren Kindern sind im höchsten Grad armutsgefährdet bzw. bereits in der Armutsfalle. Kinder aus diesen Familien haben erwiesenermaßen bereits schlechtere Chancen beim Start ins Leben.

Das Problem bleibt bis ins Pensionsalter bestehen: Wenig Stunden, schlecht bezahlt, bedeutet wenig Beitrag ins System und daher geringe Pensionen. Strukturelle Ungleichheit führt Frauen in Abhängigkeitsverhältnisse von Partnern, Staat und Gesellschaft. Das Leben als Alleinerzieherin ist schwer leistbar und wirkt sich zusätzlich auf die Pension aus. Frauenarmut bedeutet Altersarmut!

Der Ausbau von flexiblen und vor allem leistbaren Kinderbetreuungseinrichtungen muss weiter voran getrieben werden, um auch diesen Müttern die Möglichkeit von Weiterbildung und gut bezahlten Arbeitsverhältnissen zu geben. Frauen müssen während der Familienzeit unterstützt werden, damit sie nach dem Wiedereinstieg ins Arbeitsleben und im Alter selbständig für sich sorgen können.“

Dr.in Eva Hahn, Präsidentin, SI Club St. Pölten Allegria

„Der Soroptimist Club St. Pölten ist Teil eines weltweit tätigen Netzwerkes berufstätiger Frauen, das sich für die Verbesserung von Lebenssituationen von Frauen und Mädchen einsetzt. Die vergangenen Jahre, so wie auch die derzeit herrschende wirtschaftliche Situation stellt Frauen erneut vor enorme Herausforderungen. Schon seit Beginn der Pandemie waren es vor allem Frauen, die Mehrfachbelastungen zu schultern hatten: Homeoffice, Homeschooling, Haushalt und Familie – in Zeiten des Lockdowns und der anhaltenden Pandemie. Oftmals äußerst schwierige Lebensbedingungen! Doch die Belastungen halten an: Energiekrise, Energiemangel und die damit verbunden Teuerungswelle bringen weitere Belastungen insbesondere für alleinerziehende Frauen. Zudem sind Frauen in diesen ohnehin belastenden Zeiten manchmal leider auch noch mit Gewalt in der Familie bedroht.

Der Soroptimist Club St. Pölten hat sich zum Ziel gesetzt, Frauen in diesen schwierigen Situationen zu helfen. Nach dem Motto: „Frauen stärken Frauen“. Das FRAUEN-RESTART-PAKET ist das aktuelle Projekt des Clubs der Soroptimistinnen in St. Pölten. Das Frauen-Restart-Paket ist als ein Beitrag für Frauen gedacht, die aus dem Frauenhaus heraus wieder in ein selbständiges Leben – in ein neues Zuhause gehen. Das Paket beinhaltet eine Grundausstattung für einen Haushalt, vieles Notwendige für einen Neustart in den eigenen vier Wänden.

2022 durfte der Club der Soroptimistinnen in St. Pölten seinen 20. Geburtstag feiern. In diesen 20 Jahren hat der Club mit vielen Aktionen versucht, das Leben von Frauen zu verbessern. In den vergangenen 10 Jahren konnten – zum Teil mit Unterstützung durch Sponsoren – in Summe 70.000,-- Euro für Frauenprojekte und Frauen in Not zur Verfügung gestellt werden. Diese Arbeit soll nach besten Kräften in den nächsten Jahren eine Fortsetzung finden!“

Stadträtin Mag.a Renate Gamsjäger, Vorsitzende des SPÖ-Bezirksfrauenkomitees St. Pölten

„Dass sich der Equal Pay Day im Vergleich zu 2019 (vor Pandemie) in Österreich vom 25. Oktober aus den 30. Oktober verschoben hat und damit signalisiert, dass sich die Lohnschere etwas schließt, ist erfreulich, muss aber auch interpretiert werden. So haben sich Maßnahmen und Folgen der Pandemie (z.B. Kurzarbeit, weniger Überstunden, weniger Zulagen) negativ auf das Einkommen von Männern ausgewirkt, während die Auswirkungen auf Frauen (man erinnere sich nur, dass sie als Systemerhalterinnen gefeiert wurden) weniger ins Gewicht fielen.

Besonders fällt auch auf, wie breit gestreut die regionalen Unterschiede beim Lohnverhältnis sind. So ist in Vorarlberg der 2. Oktober Equal Pay Day, während er in Wien auf den 18. November fällt. Markant auch die Unterschiede zwischen Stadt und Land. So liegt der Lohnunterschied im Bezirk St. Pölten bei 20,5% (Stichtag 30. Oktober), während er in St. Pölten Stadt mit 17,1% auf den 8. November fällt. Dies ist auf die Struktur des Arbeitsmarktes aber auch auf die Rahmenbedingungen, die Frauen die Berufstätigkeit erleichtern, zurückzuführen.

Die Forderung nach Ausbau von Kinderbetreuung, Lohntransparenz und der Einbindung von Frauen in allen Führungsebenen von Betrieben, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen ist damit evident.“

FAZIT – „Was es braucht, um ein selbstbestimmtes Leben, frei von Gewalt und in sozialer Sicherheit zu ermöglichen“

Die Gründe für die ungleiche Bezahlung sind vielfältig. Ökonomische Gleichstellung ist allerdings nun einmal ein Muss, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Dafür ist jedoch noch ein ganzes Bündel an Maßnahmen nötig wie zum Beispiel:

  • Einkommenstransparenz in allen Betrieben
  • Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen; Quoten in Aufsichtsräten und Führungspositionen
  • Öffentliche Auftragsvergabe und Wirtschaftsförderung gekoppelt an Gleichstellungsmaßnahmen in Betrieben
  • Beseitigung der ungleichen Verteilung von Hausarbeit („Halbe-Halbe“)
  • Ausbau von bedarfsgerechten Kinderbetreuungseinrichtungen und ganztägigen Schulformen
  • Erhöhung der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigung von Frauen
  • Förderung von beruflicher Aus- und Weiterbildung und des Wiedereinstiegs
  • Neubewertung von Arbeit zur Aufhebung der Gehaltsdiskrepanzen zwischen typisch weiblichen und männlichen Branchen (z. B. Aufwertung personenbezogener Dienstleistungen wie Pflege, Kinderbetreuung)
  • Berufsorientierung für Jugendliche zur Beseitigung ihrer geschlechtertypischen Berufswahl (Mädchen in „Männerberufe“, aber auch Burschen in „Frauenberufe“)
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