Externe Firma aus Wörgl in Tirol für die Untersuchungen beauftragt
Schon in den letzten 20 Jahren wurden in St. Pölten und Umgebung eine große Dichte an historischen Funden von der Römerzeit bis in die Neuzeit entdeckt. Da in der Fuhrmanngasse von der Niederösterreichischen Versicherung AG eine Wohnhausanlage mit Garage errichtet werden soll, wurde die Firma TALPA aus Wörgl in Tirol beauftragt, die archäologischen Untersuchungen durchzuführen. Die Grabungsleitung liegt, wie bereits bei den vergangenen Ausgrabungen, in den Händen von Stadtarchäologe Dr. Ronald Risy vom Magistrat St. Pölten.
Foto: Josef Vorlaufer
Grabung soll bis Ende des Jahres fertiggestellt werden
Die erste Etappe konnte bereits im letzten Jahr, im Zeitraum von 7. Oktober bis 20. Dezember, fertig gestellt werden. Die Arbeiten wurden im Frühjahr, am 15. April, nach einer geplanten Winterpause und einer Corona bedingten Verschiebung wieder aufgenommen. Läuft alles nach Plan, so sollen die Grabung bis Ende des Jahres fertiggestellt werden und die Baumaßnahmen wieder fortgesetzt werden.
15.000 Funde von Römerzeit bis Neuzeit
Auf einer Gesamtfläche von 2.500 m² konnten bereits 2.000 m² freigelegt werden und rund 1.700 Schichteinheiten dokumentiert werden. Bereits 15.000 Funde wie Pfeifen, Kämme, Bruchstücke von Soldatentellern oder Schmuckstücke, wurden bis jetzt inventarisiert. Darunter befinden sich knapp 200 Münzen und 300 Kleinobjekte aus Metall oder Bein. Die ersten Untersuchungen haben ergeben, dass die Befunde einen Zeitraum von der Römerzeit über das Mittelalter bis in die Neuzeit umfassen.
Foto: Josef Vorlaufer
Eine zivile Stadt und der Versorgungsmittelpunkt des Nordostens
Neben den bisher gefundenen Überresten wurden auch neuzeitliche Gebäudemauern entdeckt, die schon im 1820/30 erstellten franziszeischen Kataster verzeichnet sind. Ein besonders spannender Fund sind die Mauerfundamente, die bis zum Mittelalter zurückzuführen sind. Es wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um ein Turmhaus handle. Der Großteil der freigelegten Fläche, die im rückwärtigen Bereich der mittelalterlichen Parzellen liegt, wurde als Garten oder Werkplatz genutzt. Es wurden daher eine Vielzahl an Pfostenlöchern, Werkplätzen, Brunnen und Latrinengruben freigelegt. Aus der Römerzeit zeichnet sich eine besonders spannende Struktur ab. Der Gebäudekomplex besteht aus mehreren Räumen, zwei davon waren mit Fußbodenheizung ausgestattet. Einer dieser Räume besitzt einen saalartigen Grundriss mit einem halbrunden Abschluss, einer Aspis. Es könnte sich hierbei um ein Stadthaus handeln, das von einer sozial höher gestellten Persönlichkeit bewohnt wurde.
Foto: Arman Behpournia